Profitability - Und was bringt das?
Nach den Mengendaten und den Kosten werden die Umsätze und Erträge bei der Profitability in die Berechnung einbezogen. Das Prinzip wird an den Gesamtgrößen des Web-Business erklärt, obwohl es fraglos in disaggregierter Form für jedes Teilmodell im Web-Business angewendet werden kann. So ist eine Auswertung nach den Produktkategorien oder Teilmärkten möglich, sie wird nach den einzelnen Besucherquellen empfohlen oder für bestimmte Marketingaktionen und -Projekte. Für die Beispielrechnung wurde eine gesamte Rohertragsquote angenommen, ohne die Umsatzzahlen im Detail auszuwerten. Das mag etwas grob erscheinen, für einen ersten Überblick ist die Aggregation auf das gesamte Niveau des Web-Business jedoch brauchbar.
Die Konversionsquote ist nach den bisherigen Erklärungen und Definitionen eine bekannte Größe. Die Zielaktionen an der Spitze der Konversionspyramide werden mit dem durchschnittlichen Umsatz bewertet und der gesamte Umsatz für die untersuchte Periode wird erkennbar ‒ in diesem Beispiel 4.800 Konversionen zu durchschnittlich 50 EUR, ergibt einen Umsatz von 240.000,00 EUR und bei einer Marge von 40 % einen Rohertrag von 96.000,00 EUR. Die Gegenüberstellung der Kosten (68.000,00 EUR) zum Umsatz führt zu einer Kostenquote (28,33 %) und der komplementären Umsatzrendite (29,17 %). Diese stellt einen ersten Anhaltspunkt zum Aufwand im Web-Business dar. Der Rohertrag, der sich aus der Kalkulationsspanne errechnet, bereitet eine Rentabilitätsrechnung nach betriebswirtschaftlichen Mustern vor.
Die Konversionskosten und Erträge bieten eine gute Grundlage für die Optimierungsrechnung im Web-Business. Wenn die Zahlen auf die Ebene des einzelnen Interessenten heruntergerechnet werden, sind sehr viel feinere Einstellungen möglich. Die in der Tabelle errechneten Einzelwerte können je Zielaktion nach den einzelnen Besucherquellen, den Teilmärkten oder den Produktgruppen differenziert werden. In dem Fall ergeben sich Entscheidungsgrundlagen, ob ein Potenzial bereits ausgeschöpft ist oder welche Verschiebungen der Prioritäten den Gewinn und die Entwicklungschancen erhöhen. Für solche Optimierungen wird nicht der gesamte Gewinn fokussiert, sondern der Grenzgewinn einzelner Prozesse, Marketingstrategien und Businesslinien. Eine dynamische Berechnungsmethode für die Rentabilität im Web-Business orientiert sich besser an den Potenzialen und den zukünftigen Randbedingungen. Die statischen Kalkulationen in festen Rahmenbedingungen lassen kaum Freiraum für neue Strategien und Expansion.
Im Controlling werden aggregierte Größen über alle Kosten und Erträge gesammelt. Die jeweiligen Durchläufe durch die Wachstumsspirale zur Nutzung der Potenziale werden „Perioden“ genannt. Über die Eingrenzung in Berichtsperioden werden die Ergebnisse vergleichbar und eine Entwicklung wird sichtbar. Von einer Periode zur nächsten werden Aktionsparameter verändert, strategische Positionen ausgebaut oder unrentable Felder verlassen. Der Vergleich jeweils isolierter Ergebnisse der Kontrollgrößen ist als komparative Statik ein Teil der Spiral-Analyse.1 Die Zahlen in der Controlling-Datei sind Durchschnittswerte, Summen oder Grenzwerte für die jeweils eingegrenzte Periode.
Im Web-Business werden meist Kampagnen betrachtet, die einen bestimmten Aufwand erfordern und von denen dann ein Ertrag erwartet wird, den es zu berechnen gilt. Die Kampagnen einer Wachstumsstrategie sind beispielsweise eine bestimmte Werbekampagne, die Investition in eine neue Website mit verbesserter Usability, der Aufbau eines Newsletters, die Verbesserung der Findability in den Suchmaschinen u. ä. In diese Struktur wird der Aufwand als Summe der Beträge eingegeben, der über eine Periode “investiert” wurde. Es muss sichergestellt werden, dass die Erträge in der gleichen Periode abgegrenzt werden. Die Kontrollgrößen werden vor dem Beginn des Verbesserungsprojektes notiert und das System in weiteren Durchläufen beobachtet, bis ein neues Gleichgewicht konstatiert wird. In diesem Zustand werden dann die Ergebnisgrößen mit ihren Ausgangswerten verglichen.
Die Datenbasis zu dem Optimierungskalkül ist einfach zu erstellen, denn das Web ist transparenter als jedes andere bekannte Massenmedium und mit der entsprechenden Einstellung der Analysewerkzeuge ist in vielen Fällen eine gute Abgrenzung der Ertragsseite möglich. Werden zum Beispiel die Besucher gemessen, die über einen Newsletter aufmerksam werden, oder die Besucher, die nach einer Verbesserung der Findability die Website zusätzlich über die Suchmaschinen finden, liefert das Controlling-Modell zu den akquirierten Interessenten die Roherträge, wenn sie die Spitze der Pyramide erreicht haben und Zielaktionen tätigen.
In der Regel wird aus traditioneller Sichtweise häufig in einer Ex-post-Analyse untersucht, bei welcher Anzahl von Zielaktionen die Investitionskosten durch die Erträge amortisiert werden.2 In der komparativen Statik werden die Ex-ante-Daten mit aktuellen Werten unter der Annahme einer Strukturkonstanz verglichen. Es wird also erwartet, dass der Markt und das Unternehmen unter den unveränderten Randbedingungen mit den gleichen Aktionen der Vergangenheit die gleichen Ergebnisse erzielen.
Das ist eine grobe Vereinfachung in den dynamischen Randbedingungen des Web und der hohen Transparenz der Märkte für Wettbewerber und Interessenten. Der Normalfall ist die Veränderung der Rahmenbedingungen und nicht die Strukturkonstanz. Die Orientierung an den eigenen Daten der Vergangenheit ist eine verbreitete Betrachtungsweise in der ökonomischen Planung. Die Operationalisierung der Ziele beschränkt sich auf die Veränderung der eigenen Messdaten. Im Ergebnis wird dann sichtbar, um wie viel Prozent die Besucherzahlen gestiegen sind und wie sich der Umsatz, der Gewinn oder eine andere Kontrollgröße verändert haben.3 Die Vergleichsrechnung der eigenen Zahlen lässt aber keine Planung und Optimierung innerhalb der Rahmenbedingungen des Marktes zu. Nicht das Potenzial wird betrachtet, sondern die eigenen „Ist-Zahlen“, ohne alternative Ertragspotenziale mit neuen Möglichkeiten berechnen und optimieren zu können.
Die Segmente hinsichtlich der Erfolgsrechnung des Web-Business sind miteinander verbunden und die wechselseitigen Abhängigkeiten bringen weitere Ungenauigkeiten in das Controlling. So zieht eine Verbesserung der Webseiten für die Suchmaschinen eine genauere Ansteuerung der Zielseiten bei den CPC-Strategien mit sich. Dieser Nebeneffekt wird zu einer Verbesserung der Qualitätsfaktoren und einer Erhöhung der Sichtbarkeit in dem Werbesegment führen, im Hinblick auf die isolierte Rentabilitätsberechnung jedoch für einen Ausbau der Besucherquelle “Suchmaschine” nicht berücksichtigt.
Ein Newsletter hat langfristige Wirkungen auf den Bekanntheitsgrad des Unternehmens und führt häufig zu einer direkten Suche nach dem Firmennamen, was die Besuche aus den Suchmaschinen erhöht. Markieren die Leser die URL in ihren Lesezeichen, so werden sie in der Statistik als “Direktbesucher” registriert. Auch hier ergeben sich interdependente Ergebnisse einer Aktion in unterschiedlichen Segmenten.
Die ROI-Rechnung in der komparativen Statik ist nur mit Abstrichen und Vorsicht für in die Zukunft gerichtete Optimierungen und Strategien im Web-Business zu verwenden. Trotzdem ist sie eine der besten Annäherungen an die Rentabilitätsrechnungen im Web-Business, weil die notwendigen Daten mit hinreichender Genauigkeit erfasst werden können.
Für das Web-Business lassen statische Berechnungen einige spezifische Eigenschaften außer Betracht, die bei den Charakteristika des neuen Mediums herausgearbeitet wurden. Das Internet und das darauf basierende Web unterstützen eine dynamische, schnelle Interaktion unbekannter Partner, die Transaktionskosten sind sehr niedrig, die engen Teilmärkte werden von den Käufern beherrscht, und die Angebote haben einen kurzen Lebenszyklus.
Die Unternehmungen werden nicht primär wegen ihres hohen Kapitaleinsatzes erfolgreich, sondern vor allem wegen der Ideen, der Integration der Web-Charakteristika und des mit der eingesetzten Arbeit realisierten Know-hows. Arbeit und Know-how sind die Einsatzfaktoren im Web-Business, sie sind beweglich und flexibel dort einsetzbar, wo sich das höchste Potenzial bietet.
Das daraus resultierende mehrfach diskutierte Phänomen der nicht konstanten (steigenden oder fallenden) Grenzerträge wird über die Differentialrechnung zu den Kontrollgrößen im Controlling abgebildet. Dieses Modell benötigt verlässliche disaggregierte Kosten- und Ertragsdaten für jede Zielaktion oder zumindest Daten in einer möglichst feinen Aufgliederung.
Die Datenbasis ist mit Analyseprogrammen für alle Besucherquellen und Konversionsstufen gegeben und lässt sich für die Wachstumsstrategien zur Nutzung der eigenen Potenziale sehr gut auswerten.
1: Die statische Gleichgewichtsbildung fügt alle Informationen zusammen, bewertet sie und findet unter diesen Rahmenbedingungen mit den Zielfunktionen einen optimalen Punkt. Die Ökonomen fügen dieser Definition oftmals einen Zeitraum hinzu, was aber nicht notwendig ist. Die statische ökonomische Analyse beschreibt das Ergebnis einer Aktion innerhalb eines feststehenden Datenkranzes; das ist nicht auf einen Zeitraum fixiert.
2: Im Hinblick auf die ROI-Rechnung (Return on Investment) wird die Quote von Gewinn zu Kapitaleinsatz beispielsweise berechnet.
3: Diese Ergebnisrechnung ist statisch, denn sie impliziert ein Wachstum des Ergebnisses als Folge einer Veränderung innerhalb der bestehenden Strukturen. Im einfachsten Fall kann sogar von einem Skalenfaktor gleich Eins ausgegangen werden. Diese Annahme trifft auf die dynamischen Veränderungen mit neuen kreativen Potenzialen nicht zu.