Fallbeispiel Klickeffizienz

Bernhard Strebmann ist für das Marketing im Web-Business eines Reifenhändlers  verantwortlich. Er soll seinem Chef Bericht erstatten, ob das Marketingbudget in den Suchmaschinen gut angelegt ist. Der Chef hat in eigenen Recherchen festgestellt, dass bei der Eingabe des Firmennamens »Reifencenter Nord« seine Website ganz vorne in den Suchergebnissen steht und außerdem noch mit Anzeigen beworben wird. »Ist das nicht unnütz, neben seinem eigenen Namen noch Anzeigen zu schalten?« Bernhard hat dazu einige Auswertungen über ein ganzes Jahr gemacht und die Besucher mit den Bestellungen auf den Positionen verglichen.

Lesehinweise

Sie lernen an diesem Fallbeispiel:

  • Eine Einführung in die Branding-Strategie
  • Den Vergleich der Effizienz von Anzeigen und generischen Listungen
  • Unterschiedliches Kaufinteresse auf den Positionen der Ergebnisseiten

Im Marketing schaltet Bernhard eindeutig als Shopping-Anzeigen erkennbare Texte mit einer klaren »call to action«.32 Er hat die Branding-Kampagnen isoliert dargestellt und als Grundgesamtheit einen Bestellumsatz von rd. 500.000€ mit 85.000 Besuchern ausgewertet. Er sucht nach einer Erklärung, wie die Interessenten sich nach der Suche verhalten und ob der Reifenhändler im Marketing tatsächlich auf die speziellen Anzeigen für das Branding verzichten kann. Dazu hat er in den Statistiken die Kennzahlen »Besucher«, »Konversionsrate« (Bestellungen pro 100 Besucher) und »Bestellumsatz« aus den Besucherquellen verglichen.33 Aus dem allgemeinen Nutzerverhalten im Web erwartet Bernhard eine Verteilung von zwei Dritteln zu einem Drittel auf die generischen Suchergebnisse und die Anzeigen.34 Das heißt, zwei Drittel der Websurfer suchen nur nach Informationen, klicken auf die generischen Suchergebnisse und kaufen allenfalls gelegentlich. Ein Drittel der Websurfer sind tatsächlich mit einer Kaufabsicht unterwegs und die Kaufwahrscheinlichkeit ist höher. Um eine signifikante Grundgesamtheit in einem kurzen Zeitraum zu erzielen, wurde Google verwendet, die sowohl mit den Suchergebnissen als auch mit den Anzeigen35 in Deutschland unangefochten Marktführer sind.

Verteilung der Besucherzahl (83.491 Klicks):

Tabelle: Verteilung der Besucherzahl
Erwartung Gemessen Abweichung
Suche 55.660 37.878 -21,30%
Adwords 27.830 45.613 21,30%

Die Erwartungen sind widerlegt. Die Vermutung, dass bei einem vergleichbaren Informationsangebot zwei Drittel der Websucher auf die generischen Suchergebnisse klicken, trifft nicht zu. Diese Aussage gilt in diesem Beispiel streng genommen nur für den Firmen- oder Website-Namen. Aber darauf zielt vielfach die Frage ab: »Sollen wir den Firmennamen als Keyword verwenden, obwohl das Unternehmen mit dem generische Link bereits an der ersten Position der Suchergebnisse steht?« Die Antwort ist »Ja, denn offensichtlich klicken die Sucher konkret auf eine Anzeige, wenn sie ganz oben platziert ist.« Bernhard Strebmann fügt für seinen Chef noch die Information hinzu, dass der Klick auf die Anzeige im Schnitt nur 4 Cent kostet. Damit gibt das Reifencenter lediglich 150¤ monatlich für die Werbung mit dem eigenen Namen aus. Bernhard hat mit dieser Kostengröße gleich die nächste Frage nach dem Kaufinteresse der Besucher bei seinem Chef provoziert: »Ist das Kaufinteresse der Websucher gleichmäßig verteilt?« oder »Klicken die Kaufaspiranten bevorzugt auf Anzeigen oder auf generische Suchergebnisse?« Darüber gibt die Tabelle Auskunft, denn wenn das Kaufinteresse gleichmäßig verteilt ist, dann wird der Umsatz den Konversionsquoten folgen.

Verteilung des Umsatzes (407.592€):

Tabelle: Verteilung des Umsatzes
Erwartung Gemessen
Suche 184.844€ 143.567€
Adwords 222.591€ 264.025€

Die unterschiedlichen Gruppen zeigen ein deutlich vom Durchschnitt abweichendes Verhalten. Die getätigten Umsätze sind in etwa umgekehrt zu der Besucherquote. Über die Anzeigen werden mehr Bestellungen generiert. Kaufwillige bevorzugen Anzeigen. Die daraus folgende Erkenntnis legt nahe, ein besonderes Augenmerk auf die Texte der Anzeigen zu legen. Die kaufinteressierten Websucher lassen sich weniger von den allgemeinen Textausschnitten der Suchergebnisse leiten, sondern werden vornehmlich von den Texten der Anzeigen angelockt und motiviert. Die Anzeigentexte gehen gezielt auf Verkaufsargumente ein und können Preise, Sonderaktionen oder Kaufanreize bieten und kundengerecht anpassen. Bernhard Strebmann warnt seinen Chef aber gleich nach diesen Erkenntnissen, die Optimierung der Webseiten für die Suchmaschinen zu vernachlässigen, denn immerhin zieht das Reifencenter nach der speziellen Auswertung rund ein Drittel des Umsatzes der Web-Sucher über die generische Suche auf den Shop. Die Analyse dazu ist schwierig, soll das Controlling nicht in Spekulation abgleiten. Das Web- Business hat ein facettenreiches Marketing mit interdependenten Beziehungen. Die Präsenz an vielen Positionen der Kontaktfläche beeinflusst die sogenannte »brand visibility«, die Sichtbarkeit der Marke. Davon profitieren alle Besucherquellen und die Wahrscheinlichkeit eines Klicks von der Kontaktfläche wächst mit der Anzahl der Impressionen.

Allerdings ist das Kaufinteresse aus den generischen Suchergebnissen tatsächlich nicht so ausgeprägt wie aus den Adwords-Anzeigen. Der durchschnittliche Umsatz je Besucher ist 3,80€ (Suche) zu 5,80€ (Adwords). Dieses Ergebnis errechnet sich aus der Division der Umsätze des Besuchersegments durch deren Anzahl. In einer Rentabilitätsrechnung ist den Adwords-Umsätzen selbstverständlich der Klickpreis gegenüber zu stellen und den Such-Umsätzen der Optimierungsaufwand. In dieser Überlegung findet Bernhard, dass die Anzeigen-Werbung ganz gut wegkommt, denn für rund 150¤ im Monat wird der Bekanntheitsgrad des Unternehmens gesteigert und es kommen außerdem preiswerte Umsätze zustande. Er plant, die Marketingstrategie auszuweiten und Positionen in den Shoppinganzeigen, bei Bildern, Videos und in Google Maps zu belegen. Er schaut sich sehr intensiv die Kontaktfläche an und überlegt, wie er das angebotene Potenzial nutzen kann. Hier agiert der Sucher, hier wird der Link auf die Website gezeigt, hier kommen die Präferenzen des Werbetreibenden und des Portalbetreibers zusammen. Auf der Kontaktfläche präsentiert sich aber auch derWettbewerb und versucht den Klick des Interessenten zu gewinnen. Bernhard Strebmann hat gelernt, dass neben der Anzeigenwerbung die Optimierung für die Suchmaschinen parallel zu betreiben ist, um den Umsatz möglichst effizient zu erzielen. Für beide Strategieteile wird er die Suchbegriffe eruieren, mit denen der Suchende seine Fragen formuliert. Die Klickeffizienz steigt mit einer guten Segmentierung der Zielgruppe schon auf der Kontaktfläche. Je besser die Interessenten vorselektiert sind, desto geringer sind die Konversionsverluste auf der Website. Der Umsatz pro Besucher steigt mit jeder Verbesserung der Konversionsquote.